Bir Günlük Müze

 

Ausstellung: 17. September bis 17. November 2011
Historisches Gefängnis | Sinop TR

 

 

Im Rahmen des Projektes „Collecting the Future“ entstand im Gefängnis von Sinop ein Museum, in dem es um die Geschichten und Erfahrungen der BewohnerInnen Sinops gehen sollte.

 

Sinop ist ein Hafenstadt  am Schwarzen Meer mit etwa 35.000 Einwohnern. Die Zeugnisse erster Besiedelung in Sinop stammen aus dem 7. Jahrhundert v. Chr.. Die Festung der wahrscheinlich ältesten griechische Kolonie im Schwarzmeergebiet wurde zur Zeit der Osmanen zu in einer gigantischen Schiffswerft umgebaut. Die für den Bau der Flotte des Reiches angesiedelten Arbeiter stammten aus dem gesamten Osmanischen Reich. Von 1887 bis 1997 wurde die antike Festung im Zentrum der Stadt als Hochsicherheitsgefängnis genutzt, in dem Intellektuelle und politische Gegner inhaftiert waren.

 

 

Während des Kalten Krieges, von der Mitte der 50er Jahre

bis 1992 war Sinop außerdem der Ort einer amerikanisch geführten Nato Basis, die mit den über 1100 Soldaten und Zivilisten ein wichtiger Wirschaftsmotor der Stadt war. Vor dem Hintergrund dieser bewegten Vergangenheit und der wirtschaftlichen Stagnation der letzten 20 Jahre beginnt sich die Stadt Sinop heute zu verändern. Der aus Sinop stammende Künstler und Kurator Melih Görgün versucht seit mehreren Jahren, die Entwicklung der Stadt durch Kulturprojekte zu beeinflussen. Seit 2006 findet alle zwei Jahre die Sinopale, eine Kunstbiennale statt. Im September 2011 wurde ein öffentliches Stadtforum, das sich mit der Zukunft der Stadt auseinandersetzen sollte, organisiert.
In diesem Zusammenhang wurde auch die Gründung eines Museums im Gefängnis von Sinop thematisiert. Warum soll in Sinop ein Museum entstehen? Welche Funktionen kann ein Museum erfüllen? Wer bestimmt, welche Geschichten erzählt werden sollen? Mit welcher Art von Museum können sich die BewohnerInnen Sinops identifizieren? Zu diesem Thema wurde ein Workshop organisiert.

 

Workshop
Ausgehend von den Diskussionen im Rahmen der „Urban Meetings“ wurden vier für Sinop wichtige Themenfelder definiert, die die WorkshopteilnehmerInnen in Gruppenarbeit bearbeiten sollten. Diese Themenfelder waren: Gefängnis, Nato-Basis, Migration und Ökonomie. Es wurde die Aufgabe gestellt, pro Thema, gleichsam als Beispiel und Impuls für die weitere Sammlungsarbeit, ein Objekt mitzubringen. Die Workshop-TeilnehmerInnen sollten nachdenken, welche Quellen, von Internet Recherche bis zu Archivarbeit, herangezogen werden könnten. Auch sollten die TeilnehmerInnen Vorschläge machen, mit wem Interviews gemacht werden könnten. Ausgehend von dieser Recherche wurden vier Kapitel festgelegt, die die Ausstellung strukturierten.

 

Kapitel _Das Gefängnis
Das ehemalige Gefängnis, das aufgrund des verschärften und menschenrechtsverachtenden Haftvollzugs als „Alkatraz der Türkei“ gilt, wird bereits – auch aufgrund der Popularität durch Fernsehserien – als musealer Ort genutzt. Die Informationstafeln auf dem Gelände sind spärlich und soweit vorhanden, erzählen sie wenig von der Geschichte des Ortes. Im einleitenden Text wird auch behauptet,  dass das ehemalige Wachpersonal nicht mehr befragt werden kann.

Im Eintagsmuseum wurden zwei Video-Interviews gezeigt. Kadir Yayuz, der 1978 und zwischen 1984 und 1986 im Sinoper Gefängnis in Untersuchungshaft war, erzählt von den Haftumständen, den Hinrichtungen und von der komplizierten Beziehung zwischen den BewohnerInnen Sinops zu diesem Gefängnis. Das Interview mit Samit Gül, dem Besitzer des Otel Gül Palas, einer einfachen Pension, die sich in unmittelbarer Nähe zum Gefängnis befindet, erzählt von den Familienbesuchen der Häftlinge, traurigen Schicksalen und der Überwachung seiner Aktivitäten.

 

Kapitel 2_Ökonomie

Das Kapitel versucht die Ökonomien der Stadt, seine Abhängigkeiten vom Gefängnis, der Nato Basis und anderen Faktoren zu beschreiben und mögliche Zukunftszenarien, von Energieproduktionszentrum bis Tourismusdestination darzustellen.

 

Kapitel3_Migration

Migration hat in der Geschichte Sinops immer schon eine wichtige Rolle gespielt. Das zeigt sich den mitgebrachten Objekten. Einige Objekte verweisen auf die multiethnische Herkunft der Familien und bringen Regionen und Orte wie Kaukasus, Krim, Georgien, Ankara, Samsun und andere in das Eintagsmuseum.

Im Interview erzählt Hüsniye Özcökmez wie sie 1972 Sinop verlassen hat, um sich eine  wirtschaftliche Existenz in Wien aufzubauen. Heute ist sie pensioniert und pendelt zwischen Wien, Istanbul und Sinop. In Sinop hat sie sich eine Wohnung mir wunderschönen Blick auf das Meer gekauft. Hier verbringt sie ihre Sommermonate.

 

Kapitel4_Nato Basis

Dieses Kapitel versucht, Spuren, die auf die Stadt auf dem sogenannten „Radar-Hügel“ (so die Bezeichnung der Militärbasis seitens der BewohnerInnen Sinops) verweisen, nachzugehen. Im Interview erzählt Günsel Diri, die 23 Jahre für die Nato Basis gearbeitet hat, unter anderem über die letzten Tage der Basis und über die Beziehungen zwischen den Amerikanern und den Sinopiern.